31. Januar 2011

FEIST - Look At What The Light Did Now

Anthony Seck (USA, 2010)
Nach einem so langen, kreativen Dornröschenschlaf erwartet man von der kanadischen Künstlerin eher ein neues Album, als aufgewärmte Brötchen. Schmeckt aber trotzdem, auch wenn man stellenweise lange zu kauen hat, weil das Material mit seinen experimentellen Impressionen oft mehr verschlüsselt als enträtselt.
Deswegen wieder mal einer jener Musik-Filme, die wirklich nur für Fans sind, bzw. für jeden, der mit Feists "Reminder"-Album gut vertraut ist, um sich die Songs aus den vielen Bootleg-artigen Bruchstücken zusammenzusetzen, die hier geboten werden.
Zweifellos ist das ganze aber schön anzusehen. Vor allem durch die interessanten Einblicke zu den Aufnahme-Sessions und unter welchen ungewöhnlichen Voraussetzungen die Band arbeiten musste (und wollte), um den gewünschten Sound festzuhalten.
Feist ist aber auch ein visueller Ästhet (merkt man schon am Produktionsdesign) und scheinbar jemand, der gerne mit kreativen Leuten aus unterschiedlichen Bereichen arbeitet (z.B. die Light-Designerin mit ihren künstlerischen Projektionen während der Konzerte), um ihre Musik auszuschmücken und zu bereichern.
"Look at what the Light did now" ist ein Dokument über eine beeindruckende Künstlerin, das seinen Zuschauer kribbelig und ungeduldig macht, denn es dürstet einem um so mehr nach Neuem aus dem Feist'schen Lager.

18. Januar 2011

DIE BARFÜßIGE GRÄFIN

Joseph L. Mankiewicz (USA, 1954)
Mal wieder ein Film, der sein eigenes Medium belächelt und kritisch ins Rampenlicht rückt. Bogart als Regisseur, der mit seinem Produzenten und anderen Filmleuten, die etwas zu melden haben, nach Madrid kommt und die Tänzerin Maria Vargas (Ava Gardner) zum Film nach Hollywood bringen soll. Die junge Tänzerin zögert zunächst, kommt schließlich mit und wird daraufhin ein großer Filmstar. Der Erfolg macht sie jedoch zum Spielball der geld- und erfolggesteuerten Filmbonzen und sie stürzt ins Unglück. 
Bogart wie immer cool, weil er sich seit "Casablanca" nicht mehr umgezogen hat, und John Lennons Zuneigung zu Ava Gardner fange ich allmählich auch an zu verstehen.
Ein schöner Film, der vor allem von seinen großartigen Dialogen lebt und von einem zynischen Off-Sprecher, der ungezeigtes ergänzt und die Filmbranche zusätzlich durch seine spöttische Art demaskiert. In Zeiten des beschönigten Old-Hollywood, muss Mankiewiczs Blick hinter die Fassade, ein schmerzlicher Fausthieb gewesen sein.

17. Januar 2011

HOWL

Rob Epstein, Jeffrey Friedman  (USA, 2010)
Was man dem Film in erster Linie zu verdanken hat: er macht neugierig auf Allen Ginsbergs Gedicht und somit ist es in jüngster Zeit ein guter Werbetrick, um das Werk wieder zum Leben zu erwecken, auch wenn es seit Jahrzehnten allgegenwärtig ist und zahlreiche Kreative beeinflusst.   
Sonst wirkt der Film eher etwas halbgar; hin und her gerissen und unentschlossen. Einerseits eine visuelle Wiedergabe des Gedichts in Form von animierten (und leider stilistisch deplazierten) Bildimpressionen, dann wiederum Einblicke in die gerichtlichen Auseinandersetzungen und schließlich im Ansatz ein Biopic, aber leider etwas zu kurz geraten.
Keine große Sache also, aber wenigstens bekommt man wieder Lust, die alten Beat Generation-Bücher zu entstauben.

13. Januar 2011

WENDY AND LUCY

Kelly Reichardt (USA, 2008)
Eine Realismus-Fabel, in der man mit Tränen durchtränkten Augen von A nach B (und zurück) herumstreut, inkl. dem Bezug von Mensch/Tier, hatten wir schon früher und bahnbrechender in De Sicas "Fahrraddiebe" und Chaplins "Ein Hundeleben".
Reichardts Film baut auf einem simplen Gerüst auf: Wendy will mit ihrem Hund Lucy nach Alaska, um dort ein neues Leben anzufangen. Während eines Zwischenhalts in Oregon stielt sie Hundefutter und wird erwischt, während ihr Hund spurlos verschwindet.
Von da an geht es nur noch um die Suche nach dem Vierbeiner. Blöderweise gibt Wendys Auto auch noch den Geist auf und das Drama erreicht den Höhepunkt.
Netter, ruhiger Film. Menschlich, emotional, etwas belanglos, aber auf seine wohlig-faule Art aufregend. Neben Michelle Williams in der Titelrolle versteckt sich hier übrigens auch Will Oldham als Freak am Strand.

6. Januar 2011

DER FÄNGER

William Wyler (USA, 1965)
Wenn der passionierte Freizeit-Lepidopterologe Freddie (ein junger, etwas dämonischer Terence Stamp) sein Schmetterlingsnetz schwingt, dann gehen ihm nicht nur die bunten Falter ins Netz, sondern eines Tages auch die Kunststudentin Miranda (Samantha Eggar).
Denn nachdem er schon länger in der Straßen von London ein Auge auf sie geworfen hat, entführt er sie schließlich und sperrt sie in den Keller seines frisch gekauften, abgelegenen Hauses in Sussex.
In seiner besitzergreifenden Begierigkeit besteht er darauf, dass sie bei ihm bleibt, und somit versucht er ihr "Gefängnis" so wohnlich wie möglich einzurichten, um es auf ihre Bedürfnisse abzustimmen. (komplette Garderobe, Kunstbücher zur Weiterbildung, etc) 
Was folgt, ist ein durchgehendes physisches und vor allem psychisches Hin- und Herzerren zwischen den beiden Charakteren. Misslungene Fluchtversuche, Meinungsumschwünge, gebrochene Versprechen, Misstrauen, erzwungene Hingezogenheit, falsche Gefühle. 
Ein verblüffender Regisseur, dieser Wyler. Wie er vor allem den Spagat zwischen diesem subtilen, an Hitchcock angrenzenden Film und etwa seinem früheren aufgedunsenen "Ben Hur" schafft. Ein sehr vielseitiger Erzähler, der immer bestens zu unterhalten weiß.

3. Januar 2011

PERMANENT VACATION

Jim Jarmusch (USA, 1980)
Das Drehbuch bzw. die Erzählweise dieses Films wirkt so, als würde man sich im Heckenlabyrinth einen schnurgeraden Weg mit einer Kettensäge freischneiden; keine Nebenwege, keine Sackgassen.
Deswegen ist der Inhalt auch schnell erzählt: der 16jährige Allie hält nicht besonders viel vom Arbeiten, sondern stiefelt lieber ziellos durch Manhattan, wohnt in einem Drecksloch mit seiner Freundin, besucht seine geisteskranke Mutter in der Anstalt, trifft einige merkwürdige Leute in der Stadt, stielt ein Auto, verscherbelt es, und kauft sich von dem Geld ein Ticket nach Paris.  
Jarmuschs Erstlingswerk, kurz nach seinem Abgang von der Filmhochschule. Schon hier leitet er den Stil der gepflegten Langweile ein, von dem seine weiteren Filme durchzogen sind. Langgezerrte Szenen und Kameraeinstellungen, die nichts als Ärger machen, aber es dennoch schaffen, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen.
Ein unmittelbarer, unbeschönigter Blick auf NYC; da möchte man selbst aufs Schiff Richtung Europa (oder sonst wohin), voller Fernweh und dem Drang nach nem Kulissenwechsel.
Guter Film, und besser als als so manches, was Jarmusch später gemacht hat.